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Die WAZ berichtete am 6. Feb. 1982:

Der Originaltext:

    Am 21. Februar, wenn der Karnevalszug durch Oberhausens City rollt und ein nach Hunderttausenden zu zählendes Narrenvolk den Jecken zujubelt, dann werden rund 40 junge Oberhausener Bürger kaum ins "Helau" einstimmen, wenngleich sie an diesem Tag ein allerdings nicht ganz rundes Jubiläum "feiern" können. Am 21. Februar ist es auf den Tag genau zehn Monate her, daß rund 50 junge Leute mit Matratzen in das Haus Ripshorster Straße 377 einzogen. Hausbesetzer. Premiere damals für Oberhausen. Aus der Premiere vom 21. April 1981 ist inzwischen gewissermaßen ein erweitertes Dauergastspiel geworden. Fünf Häuser an der Ripshorster Straße, die jahrelang leerstanden, werden mittlerweile von rund 40 Hausbesetzern bewohnt.

    Ausgerechnet für den Premierenschauplatz, das Haus Nr. 377, habe nun die Thyssen AG - Eigentümer der Häuser ist die Wohnungsgesellschaft des Großunternehmes - beim Regierungspräsidenten einen Abrißantrag gestellt, wie die Hausbesetzer erfahren haben wollen. Vor wenigen Tagen wandte sich daher die Bürgerinitiative "Rettet die Siedlung Ripshorster Straße" mit einem "Offenen Brief" an Dr. Christoph Zöpel, NW-Minister für Stadtentwicklung, den Regierungspräsidenten Dr. Achim Rohde und den zuständigen Sachbearbeiter beim RP, Ruland.

    In dem Schreiben schildert die Bürgerinitiative die Entwicklung an der Ripshorster Straße, bittet darum, alle Möglichkeiten zu nutzen, um einen Abriß zu verhindern. Schützenhilfe leistete in der Vergangenheit schon Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond den jungen Leuten, als er sich für den Erhalt der Siedlung aussprach. Die Stadt, so schrieb die BI weiter, hatte schon 1979 einen Abrißantrag des Unternehmens abgelehnt, da ein Abriß von gutem, billigen Wohnraum im Gegensatz zum öffentlichen Interesse stehe.

    Als die Thyssen AG ihre Absichten dennoch weiterverfolgt und damit begonnen hatte, die Siedlung "leerzuziehen", seien die Häuser besetzt worden. Zu Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und den Hausbesetzern sei es bislang noch nicht gekommen, obwohl die BI ihre Bereitschaft dazu mehrfach bekundet hätte. Man habe, so Bl-Sprecher Thomas Henke, Thyssen verschiedene Vorschläge einer Mietnutzung, ja sogar ein komplettes Konzept für die gesamte Siedlung unterbreitet.

    Schließlich reagierte die Stadt, wandte die Wohnraumzweckentfremdungsordnung an und forderte Thyssen auf, die leerstehenden Wohnungen innerhalb von drei Monaten zu vermieten. Gegen diese Maßnahme legte Thyssen Widerspruch ein, habe nun den erwähnten neuen Abrißantrag beim RP gestellt.

    Die Bürgerinitiative, die die besetzten Häuser im Lauf der Zeit zum größten Teil recht wohnlich renoviert hat (Wasserleitungen etwa wurden neu gelegt oder Toiletten installiert), versteht dieses Verhalten des Unternehmens nicht, das doch beispielsweise Eisenheim mit großem Kostenaufwand renoviert habe. "Vieles", so eine Sprecherin, "war überflüssig. Da wurde, um ein einheitliches Siedlungsbild zu bekommen, auch dort renoviert, wo nun wirklich nichts renovierungsbedürftig war."

    Gerüchte, wonach Thyssen in den Häusern an der Ripshorster Straße ausländische Mitarbeiter unterbringen wollte, haben sich nicht bestätigt. Die Haltung der Stadt, deren Gesprächsbereitschaft von den Hausbesetzern ausdrücklich gelobt wird, allerdings, dieses geht aus einem Schreiben an die Initiative hervor, hat sich ebenfalls nicht geändert, da sich, so die Stadt, keine neuen Aspekte ergeben haben. "Dazu", so Themas Henke, "erklärte mir Herr Habrechtsmeier vom Biiro des Rates, daß er den Abriß für die gröbste Form der Zweckentfremdung von Wohnraum hält."

      Passanten: Alles prima

    Mehr allerdings war für die Hausbesetzer bislang auch nicht zu erfahren. Der Minister und der Regierungspräsident reagierten auf den offenen Brief noch nicht. Moralische Unterstützung erhalten die jungen Leute nicht selten von älteren Spaziergängern, die an der Ripshorster Straße vorbeikommen und dort "alles prima" finden.

    Dennoch will die Initiative auch weiter Hand anlegen: "Mit den Innenarbeiten sind wir in den besetzten Häusern bis auf einige Kleinigkeiten fertig. Jetzt sind die Außenanlagen, die Schuppen und Gärten dran." Denn die Hausbesetzer sind der Meinung, daß es in unserer Stadt etliche schlechtere Wohnlagen gibt als die an der Ripshorster Straße.





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