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Erkämpfte Selbstständigkeit:

Das Wohnmodell der Siedlung
Ripshorster Straße

Ein Essay von Brigitte Karhoff und Volker Wilke

Sommer 99: die Ausverkaufswelle von Wohnungsbeständen im Revier nimmt kein Ende. Private Wohnungsunternehmen wie VEBA, Thyssen-Immobilien und kommunale wie die Essener Allbau seien hier genannt, stellvertretend nur für die zahlreichen Wohnungsunternehmen, die sukzessive ihre 'poor dogs' auf möglichst lukrative Art und Weise abstoßen, um sich in renditeversprechenderen Marktsegmenten zu tummeln. Die wohnungspolitischen Aufgaben scheinen sich erledigt zu haben. Eine landeseigene oder auch kommunale wohnungspolitische Kompetenz scheint politisch nicht mehr gewünscht. Unter dem Diktum, dass die wirtschaftliche Betätigung der Städte auf dem Prüfstand steht, die Haushalte konsolidiert und die Verwaltungen modernisiert werden sollen, werden zunehmend auch kommunale Wohnungsunternehmen an Private verkauft.

In der Regel werden diese Bestände - zu denen im Ruhrgebiet vor allen Dingen zahlreiche Arbeitersiedlungen gehören - an 'selbstnutzende und eigentumswillige Mieter' verkauft (Einzelprivatisierung) oder sie wandern zunächst einmal in andere Unternehmenshände. Ausgemustert werden hierbei meist diejenigen MieterInnen, die aufgrund ihrer Einkommenssituation auf niedrige Mieten angewiesen sind oder durch ihre ethnische Herkunft oder alternative, nicht dem Mainstream entsprechende Lebensstile am Wohnungsmarkt benachteiligt sind. Gleichzeitig leuchten die Präsentationsscheinwerfer der IBA Emscher Park auf die restaurierten Siedlungen in Herne, Gelsenkirchen, Bottrop usw. Gegen den Ausverkauf von Siedlungsbeständen haben diese Projekte nur indirekt etwas geleistet. Sie werden halt zur Zeit nicht veräußert und dienen als Stern innerhalb des Bestandes und damit als Feigenblatt für den Alltag der Wohnungswirtschaft.

Eine Ausgründung von Genossenschaften (auch eigentumsorientierten) als Alternative zur Einzelprivatisierung oder zum Verkauf an andere Unternehmen scheint den Veräusserern wenig gewinnbringend zu sein. Andererseits bietet genossenschaftliches Wohnen die Chance zu mehr Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstorganisation, zur Stabilisierung von Nachbarschaft und Quartiersentwicklung: ein gemeinwirtschaftlich orientiertes Modell, das für eine notwendige sozial verantwortliche Wohnungspolitik stehen könnte. Chancen und Möglichkeiten der Erarbeitung von modellhaften, projektbezogenen Alternativen oder Experimenten im Umgang mit dem Ausverkauf und seinen negativen sozialen und (städte-)baulichen Folgen: nur rudimentär sind sie im Rahmen der IBA Emscher Park im Laufe ihrer zehnjährigen Tätigkeit gesucht worden.

Erwartungen hierzu waren jedoch mit der Verabschiedung des IBA-Memorandums geweckt geworden: "(...) Ein zentraler Arbeitsbereich des Leitprojektes 'Neue Wohnformen und Wohnungen' (der IBA) sollte der 'Demonstration gemeinschaftlicher Wohnformen unter Belebung des Genossenschaftsgedankens' gewidmet werden." (IBA Emscher Park 1989, S.50). Erwartungen, die von der IBA von Unten, dem regionalen Zusammenschluß von Initiativen, bürgerschaftlichen Gruppen und engagierten Einzelpersonen, der sich im Kontext der IBA-Emscher Park gebildet hat, immer wieder angemahnt wurden (vgl. Initiativkreis Emscherregion 1994).

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Riwetho wird zu einem der letzten IBA-Projekte

Gut zwei Jahre vor ihrem Abschluß und nach Konstituierung der rotgrünen Landesregierung in NRW richtete die IBA dann doch noch einen Projektaufruf an die Initiativen in der Region. Frau Brusis, die zuständige Ministerin, hatte sich entschlossen, unter dem Titel "Initiative ergreifen" mit 20 Mio. DM aus der Städtebauförderung des Landes einen kleineren Haushaltstitel zur Entwicklung von bürgerschaftlichen Projekten und Initiativen aufzulegen. Aufgerufen werden sollten Projekte, die "Impulsgeber für strukturellen Wandel, Keimzellen für Innovation und einen besonderen Aspekt von Modernität im Ruhrgebiet betonen" (IBA Emscher Park 1999, S.213). Die Projekte sollten allesamt deutlich machen, dass sie nach einer Anschubfinanzierung dauerhaft und eigenständig am Markt existieren können.

Eines der langjährigen IBA-von-unten-Projekte, von âOben' bislang ignoriert und ungefördert, die Interessengemeinschaft zum Erhalt der Siedlung Ripshorsterstraße in Oberhausen (Riwetho e.V.), ergriff die Initiative gleich doppelt.

Im Januar 1998 gründete die aktive Bewohnerschaft die Riwetho-Genossenschaft e.G. Es galt, schleunigst Alternativen zur drohenden Einzelprivatisierung oder den Verkauf an renditeorientierte Dritte zu schaffen: denn nach jahrelangem Engagement gegen den Abriß waren erstmals Verkaufsabsichten der Eigentümerin - Thyssen-Immobilien - bekannt geworden.

Gleichzeitig bot sich kurz vor Toresschluß der IBA mit dem Aufruf, und das wider Erwarten, eine (letzte) Möglichkeit, finanzielle Unterstützung für notwendige personelle und fachliche Ressourcen für das Projekt "Genossenschaft Riwetho" zu beantragen - über den ersten und einzigen Programm-Topf der IBA, dessen Inhalt diese selbst verwalten durfte.

In einem ersten Anlauf reichte Riwetho den Antrag für den Bau und Betrieb eines offenen Gemeinschaftshauses bei der IBA ein. Dieser wurde allerdings abgelehnt mit dem Hinweis, dass erst eine Gesamtlösung für die Siedlung gefunden werden müsse. Hierfür sollte die Siedlungsgemeinschaft selbst sorgen.

Nachdem die Verkaufsabsichten der Thyssen-Immobilien bekannt wurden, versuchte Riwetho quasi in allerletzter Sekunde einen erneuten und erweiterten Projektantrag für den Bau eines Gemeinschaftshauses und den Aufbau des nun geplanten Genossenschaftsunternehmens zu plazieren, und nun gelang es: Riwetho wurde als eines der letzten Projekte in den Reigen der IBA-Projekte aufgenommen. Spät genug, um in keiner offiziellen IBA-Broschüre zum Abschluß und Präsentationsjahr der IBA aufzutauchen. An dieser Stelle soll aber nun die Entwicklung des Wohnungsprojektes von der Abrißplanung bis hin zur selbstverwalteten Bewohnergenossenschaft dokumentiert werden.

Die neue A-Klasse - und der Elchtest für die Wohnungspolitik

Arbeitslose, Alte, AkademikerInnen, Ausgegrenzte, Alleinstehende, ArbeiterInnen, AusländerInnen - eine bunte Mischung, die die Siedlung Ripshorster-, Werk- und Thomasstraße (RiWeTho) belebt: ein benachteiligtes Wohnquartier, das im ständigen räumlichen Konflikt zu dem nur wenige Schritte entferntem stadtentwicklungspolitischen Großprojekt Neue Mitte-Oberhausen steht.

In der Siedlung leben ca. 220 Menschen in 68 Wohneinheiten. Mehr als die Hälfte der Wohnungen sind von Deutschen bewohnt; zugleich beträgt ihr Anteil an der Gesamtbewohnerschaft nur 35%. Fast ein Drittel der BewohnerInnen sind Kinder und Jugendliche, zumeist türkische/kurdische, die im besonderem Maße von der (Jugend-)Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die durchschnittliche Wohnfläche beträgt 21 qm pro Person und liegt damit deutlich unter dem Bundestrend von ca. 38 qm. Die zu den Wohnungen gehörenden Gärten und Freiflächen kompensieren aber die geringe Wohnfläche. Die hohe (Jugend-)Arbeitslosigkeit kann z.T. durch diverse nachbarschaftliche Netzwerke und Selbstorganisationsmöglichkeiten im Siedlungsfreiraum in ihren schlimmsten Auswirkungen kompensiert werden.

Eine Verdrängung der BewohnerInnen durch Verkauf und eine nicht bezahlbare (Luxus-)Modernisierung hätte fatale Folgen, da preisgünstiger Wohnraum überall knapp geworden ist. Es ist naheliegend, dass die Siedlung neben den vorhandenen denkmalwerten architektonischen und historischen Qualitäten auch eine wichtige soziale und wohnungspolitische Versorgungsrolle im Niedrigpreissegment übernimmt.

Am Ausstattungsstandard der Wohnungen hat sich seit ihrer Fertigstellung zu Beginn des Jahrhunderts wenig geändert. Folgt man den Mietverträgen, verfügen 40% der Wohnungen über eine Hoftoilette, 30% über kein Bad/Dusche und lediglich 30% über Bad und Toilette. Über die Jahre wurden in Nachbarschafts-/Selbsthilfe in allen Wohnungen Bad/Dusche und WC eingebaut. Der Einbau von Naßzellen, Heizvorrichtungen und der Umbau von Küchen war und ist immer wieder ein Kristallisationspunkt und Beispiel für kleinteilige 'informelle' Arbeitsfelder. Nach wie vor gilt, dass z.B. Phasen der Erwerbslosigkeit durch entsprechende Tätigkeiten überbrückt werden. Deutlich wird auch, dass der Gebrauchswert einer Wohnung, im Sinne der Kristallisierung einer Vielzahl von Bedürfnissen und Lebensäußerungen nicht in abstrakten Räumen situiert, sondern an konkreten Orten produziert wird und Netze materieller und sozialer Produktion bildet. Für Kinder und Jugendliche ist die Siedlung Spiel- und Entwicklungsraum, für viele Frauen und Männer Ort ihrer Familienarbeit, für Erwerbstätige ist sie Ruhe und Freizeitraum, für Gewerbetreibende Wirtschaftsraum und für MigrantInnen Ort der Integration und Raum zur Sicherung eigener Kultur.

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Am Schopfe packen und aus dem Sumpf ziehen
oder: Versuchungen der Selbstverwaltung

"Es gibt nur einen Weg, eine Versuchung loszuwerden: ihr nachzugeben." (Oskar Wilde)

1981 gaben zumeist Jugendliche dieser Versuchung nach und 'instandbesetzten' erstmals Wohnungen in der Siedlung. Mit dieser Aktion wurde die Forderung der Bewohnerschaft nach dem Erhalt der Siedlung unterstützt. Thyssen hatte den Bestand sukzessive leergezogen und mit türkischen ArbeitsmigrantInnen belegt. Geblieben waren am Wohnungsmarkt Benachteiligte und die wenigen, zumeist älteren und unerschütterlichen, ehemaligen Werksangehörigen.

Auf dem damaligen Modernisierungsfahrplan des Ruhrgebiets stand noch immer der Abriß der alten Arbeitersiedlungen: Eisenheim, Flöz Dickebank, Auguststraße und Rheinpreußen sind Beispiele und Synonyme für die ausgetragenen Konflikte.

Die Auseinandersetzung um den Erhalt von Arbeitersiedlungen bekam nun noch eine neue Facette. Die individuell isolierende Perspektive der Jugendarbeitslosigkeit zu Beginn der 80er Jahre verband sich mit der Vorstellung, in leerstehenden (Wohn)Gebäuden mit anderen gemeinsam neue Lebensvorstellungen praktisch umsetzen zu können. Vergleichbare Ideen und Entwicklungen gab es bei der Gründung der soziokulturellen Zentren in alten Industriegebäuden (Zeche Carl/Essen; Bahnhof Langendreer/Bochum; Altenberg/Oberhausen etc.).

Verhältnismäßig unbehelligt und mit der Unterstützung der Altbewohnerschaft richteten sich die BesetzerInnen ein und legten im Sommer der Eigentümerin Thyssen einen Forderungskatalog vor, in dem sie Bestandsgarantie, Mietverträge und Renovierung einforderten. Als Antwort stellte Thyssen einen Abrißantrag bei der Stadt Oberhausen. Im Mai 1981 trat die Zweckentfremdungsverordnung des Landes NRW in Kraft, die es Wohnungsämtern ermöglicht, gegen Leerstände initiativ zu werden und Wohnungseigentümer zur Instandhaltung und Weitervermietung zu verpflichten. Da außerdem noch Teile der Siedlung aufgrund von Wohnungsbauförderungsmitteln einer sozialen Bindung unterlagen, mußte der Regierungspräsident (RP) über den Abriß entscheiden. Im April 1982 lehnten Vertreter des RP einen Abriß ab. Erst im November 1983 kommt es zu einer Legalisierung der Wohnverhältnisse; die BesetzerInnen bekommen Mietverträge. Darüber hinaus erhalten einige Wohnungen eine landesgeförderte Minimalinstandsetzung. Geblieben waren zweieinhalb Jahre, gezeichnet von Fluktuation und Grenzgängen der Machbarkeit für alle Lebensstile in einer räumlich vorrangig industriell genutzten Nische.

Das Hausbesetzer-Signet, ein Blitz von links unten nach rechts oben durch einen Kreis, verblaßte, die Haustüren (nicht alle) bekamen nunmehr Klingeln, das Hausschwein Babette ist beim Schlachter verwurstet worden, der Hühnerstall dient jetzt der Unterbringung des Rasenmähers. Die Jahre gingen dahin, die Normalität hält Einzug. Vollversammlungen und Plenen erhielten einen organisatorischen Überbau. 1987 gründeten die BewohnerInnen den Verein: Riwetho - Interessengemeinschaft zum Erhalt der Arbeitersiedlung Ripshorster-, Werk- und Thomasstraße. Aufgrund der Strategie des Wohnungsunternehmens: Herunterwirtschaften, Abriß, Neu(bau-)verwertung lebte die Siedlung von der Substanz. Dringend notwendige Instandhaltungen wurden von der Eigentümerin Thyssen nur sehr zögerlich und auf Druck umgesetzt. Die aus der Not erwachsende Selbst- und Nachbarschaftshilfe stabilisierte aber nicht nur die bauliche Substanz, sondern entwickelte sich zur zentralen (sozialen) Ressource für weitere Entwicklungsschritte. Zwei Jahre später stellt der Verein seinen ersten Projekt-Antrag an die Internationale Bauausstellung Emscher Park. Zielsetzung ist die Instandhaltung der Häuser, verbunden mit einer langfristigen Absicherung der Siedlung, da die Eigentümerin kein weitergehendes wohnungswirtschaftliches Interesse an ihr bekundet. 1991 kommt es zu einem von der Stadt Oberhausen ausgeschriebenen städtebaulichen Ideenwettbewerb, an dem sich fünf Planungsbüros beteiligen. Sowohl die PlanerInnen als auch die hochkarätig besetzte Preisjury sprechen sich einstimmig für den Erhalt der Siedlung aus. Das Ergebnis sieht einen abgestuften Modernisierungsprozeß inkl. Bewohnerselbsthilfe und eine maßvolle Arrondierung des Wohnstandorts an der Ripshorsterstraße vor. Überraschend wird aber dann die Präsentation der Wettbewerbsergebnisse auf Eis gelegt. Die Pläne des britischen Investors Edward Healey zum Bau einer Shoppingmall (CentrO) in unmittelbarer Nähe werden bekannt. Vermutlich hat es damit zu tun.

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1995 kommt es nochmals zum High-Noon: Eine Ureinwohnerin der Siedlung verstirbt, die freiwerdende Wohnung wird nicht wieder vermietet und daraufhin besetzt. Die Eigentümerin Thyssen stellt einen Abrißantrag für das Gesamthaus und bekommt diesen von der Stadt genehmigt. Den gesamten Sommer 1995 werben die BewohnerInnen intensiv, öffentlichkeitswirksam und mit großer positiver Resonanz und Unterstützung für den Erhalt der Siedlung. In daraufhin anberaumten Gesprächen mit den beteiligten Ministerien des Landes NW, der Stadt, Thyssen und den BewohnerInnenvertreterInnen wird nun wieder Asche unter die Kuh auf dem Eis gestreut: eine einvernehmliche Lösung soll angestrebt werden. Die Besetzung wird per Mietvertrag legalisiert, der Abrißantrag verschwindet in der Schublade.

Zur Jahreswende 1997/98 wurde erstmals bekannt, dass Thyssen sich unbedingt von der Siedlung trennen möchte. Nach ausführlichen Beratungen und Unterstützung durch die Arbeitsgemeinschaft der Arbeitersiedlungsinitiativen und die WohnBund-Beratung NRW nahmen die Pläne, die Siedlung in eigener Trägerschaft zu übernehmen und auf jeden Fall eine Einzelprivatisierung oder auch den Verkauf an Dritte zu verhindern, für Riwetho konkrete Gestalt an.

Zum ersten Mal wurde ein Gespräch auf höchster Ebene mit Thyssen anberaumt. Das Gespräch wurde durch die fachlichen Unterstützer begleitet und moderiert. Ziel war es, die Möglichkeiten eines Ankaufs durch die BewohnerInnen auszuloten.

Im Januar 1998 gründete die aktive Bewohnerschaft die Genossenschaft "RIWETHO - für selbstverwaltetes, multikulturelles, soziales und ökologisches Wohnen" mit Sitz in Oberhausen. Zweck der Genossenschaft ist:

Darüber hinaus gilt es, Prozesse zu initiieren bzw. zu unterstützen, die vorhandene örtliche Potentiale bündeln und kleinteilige Wirtschaftsstrukturen fördern und nach Möglichkeit die Zugangschancen zur Erwerbsarbeit zu verbessern; u.a. durch die Verknüpfung von städtebaulichen Maßnahmen mit Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher Beschäftigung im 1. und 2. Arbeitsmarkt. Auch die Stabilisierung neuer Wohnformen und die Förderung von an Lebenslagen orientierten Nachbarschaften gehören zum Selbstverständnis.

Hallo Herr Kaiser...

Was einer Versicherung aus dem Mannheimer Raum richtig erkannte, gilt auch für ein solches Projekt: Beratung und Unterstützung ist ein wesentliches, konstituierendes Element für den gesamten Entwicklungsprozeß.

Eigeninitiative und das beharrliche Engagement für die gemeinsame Sache, für den Erhalt des preisgünstigen Wohnraums und des nachbarschaftlichen Netzwerks war und ist die wesentliche Voraussetzung für die "Ripse". Aber dies allein reicht nicht aus: Die Vernetzung, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit auf regionaler Ebene gemeinsam mit der "IBA-von-unten" und dem Zusammenschluß der Arbeitersiedlungsinitiativen und die Unterstützung von Fachleuten haben erst dazu geführt, dass der Schritt zur Genossenschaftsgründung gewagt wurde.

Obwohl die BewohnerInnen über verschiedene zum Teil hochqualifizierte Professionen verfügen, sprengt die Neugründung einer Wohnungsgenossenschaft im Bestand das Potential ehrenamtlichen Engagements, allein schon durch den Arbeitsaufwand. Wesentliche Vorarbeiten konnten und können auch weiterhin durch einen harten Kern von (semi-)professionellen BewohnerInnen geleistet werden, dennoch ist eine Phase der fachlichen, bezahlten Begleitung unerläßlich.

In einem derartigen Verhandlungsprozeß geht es nicht nur um fachliche Fragen. Um eine qualitative Umsetzung zu gewährleisten, werden Vermittler benötigt, um Gesprächsbereitschaft bei allen Beteiligten zu schaffen: als Mittler zwischen Zuwendungsgebern (wie Stadtverwaltung, Landesadministration), politischen Entscheidern (wie Ministerium und Kommune), der PrivateigentümerIn und der Initiative. Für alle Beteiligten müssen erst gemeinsame Kooperationsformen entwickelt und Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt werden. Wie diffizil ein solches Management ist, verdeutlicht der Umstand, dass gerade bei schwierigen Projekten latent immer das Problem gegeben ist, dass auf alt bewährten, aber nicht lösungsorientierten Positionen beharrt wird und damit Blockaden für nächste Umsetzungschritte entstehen.

Darüber hinausgehend werden externe ProjektentwicklerInnen benötigt, um den inneren Entwicklungsprozeß hin zu einer funktionierenden Genossenschaft aktivierend zu begleiten. Fähigkeiten und Potentiale und die Mitwirkungsbereitschaft möglichst vieler BewohnerInnen müssen angesprochen und für eine aktive Rolle in der Entwicklung genutzt werden.

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Einfach und selber erneuern im Bestand

Es liegt auf der Hand, dass der notwendige und angestrebte Erneuerungsprozeß der Siedlung weitreichender angelegt ist als die Erneuerungsstrategien der 80er Jahre. Ein Prozeß, der sich nur auf die städtebaulichen Strukturen (Gebäude, funktionale Bezüge, Architektur, Verkehr) oder das ökologische Gleichgewicht begrenzt, initiiert im Glauben und in der Hoffnung, durch ein verbessertes Wohnumfeld, modernisierte Wohnungen und Angebote sozialer Infrastruktur auch die sozialen Probleme in den Griff zu bekommen, wird vorhandene Probleme nicht entschärfen.

Vielmehr gilt es, die wesentliche Ressource zur Lebensbewältigung, das Quartier als überschaubaren und gestaltbaren Lebensraum zu nutzen und die Teilhabe an gesellschaftlichen Institutionen, den sozialen Austausch und die ökonomische Existenz zu sichern. Sicherlich kommt es einer Quadratur gleich, wenn ein solch bunter Kreis von BewohnerInnen entgegen den Segregationstendenzen in der Gesellschaft der Versuchung der Selbstverwaltung des Wohnungsbestandes nachgibt.

Zu einem Stolperstein für ein solches Projekt könnte sich z.B. eine starre Anwendung von Förderrichtlinien des Landes NW entwickeln. Eine Förderung nach traditionellen baulichen Erneuerungsstandards kann hier nicht stattfinden, da dies voraussichtlich zu einem Modernisierungsstandard führen würde, der nicht mehr mit dem Ziel sozialverträglicher Mieten zusammenzubringen wäre. Da aber mit geringem Ressourceneinsatz die Siedlung nunmehr schon seit mehr als 20 Jahren erhalten und das Mietpreisniveau gering geblieben ist, führt dies eher zu der Frage: Wäre ein flexibler Mitteleinsatz nicht sinnvoller für eine sozialpolitisch motivierte Bestandserneuerung?

Die Ziele des Ripse-Projektes liegen damit eher quer zu den allgemein üblichen Mechanismen der Stadterneuerung. In Stichworten heißt das angestrebte Modell für die Erneuerung:

  • Sicherung sozialverträglicher Mieten und Sicherung des Bestandes vor Spekulantentum;

  • Ankauf der Siedlung zu einem Preis der jahrelange Instandhaltungsmängel des Wohnungsunternehmens berücksichtigt;

  • Anschubfinanzierung für die Gründungsphase derGenossenschaft und Förderung von Genossenschaftsanteilen für MieterInnen, die den Genossenschaftsanteil nicht aufbringen können;

  • Finanzierte Projektberatung und Projektbegleitung durch Fachleute;

  • flexibler Mitteleinsatz für die Erneuerungsmaßnahmen;

  • Integration von Selbsthilfe und Beschäftigung in die Erneuerung;

  • Schaffung von siedlungsbezogener Infrastruktur für Selbsthilfemaßnahmen, den laufenden Betrieb der Genossenschaft und soziale und kulturelle Aktivitäten in der Siedlung.

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Kein Finale

Ein bunter Strauß an Zielen, die dazu führen, dass auf jedes Glas Sekt mindestens zwei Glas Selters kommen. Der Prozess der Projektentwicklung hin zu einer tragfähigen Genossenschaft ist immer wieder auch von Rückschlägen und Stagnation gekennzeichnet. Zwar führten die Verhandlungen mit Thyssen im Mai durch die Festlegung eines Kaufpreises auf Basis einer wohnungswirtschaftlichen Berechnung zu einem akzeptablem Ergebnis für die Genossenschaft. Aber der Ankauf kann erst vollzogen werden, wenn das gesamte Förderkonstrukt für die Erneuerung steht.

Das Bauministerium des Landes hat in diesem Jahr erstmals eine Fördermöglichkeit von Genossenschaftsanteilen für BewohnerInnen geschaffen, die über einen Wohnberechtigungsschein verfügen. Damit ist eine wesentliche Hürde für den Eintritt derjenigen MieterInnen gefallen, die nicht in der Lage wären, den auf 10.000 DM festgelegten Genossenschaftsanteil zu erwerben.

Nun aber gilt es, weitere notwendige Schritte für die Umsetzung des Unternehmens zu bewältigen. Die Wohnungsbauförderungsanstalt will eine Liquiditätssicherheit im Sinne einer Ausfallbürgschaft für ihre Modernisierungs- und Energieeinsparmittel. Eine weitere Prüfung des Unternehmens muß noch einmal durch den Prüfverband für Genossenschaften erfolgen, für die zur Zeit eine verbindliche Kostenschätzung der Architekten erarbeitet wird. Zugleich müssen Gespräche mit Banken für die Fremdmittelfinanzierung geführt werden und SolidargenossInnen sollen für die Reduzierung der notwendigen Fremdmittelaufnahme geworben werden.

Parallel hierzu läuft zur Zeit ein Wettbewerbsverfahren für den ersten Baustein des IBA-Antrages, den Bau eines Gemeinschaftshauses, und nach Möglichkeit soll vor dem Winter 1999 schon mit der Realisierung des Gebäudes mit hohen Selbsthilfeanteilen begonnen werden. Nach dieser baulichen Testphase soll im Sommer 2000 - nach dem Finale der IBA - mit der behutsamen Modernisierung der 68 Wohnungen begonnen werden.

Die "Ripse" ist ein aktuelles aber nicht das einzige Beispiel für notwendige Veränderungen in der Wohnungsbestandspolitik: überall in der Region regt sich zur Zeit der Widerstand gegen den Ausverkauf von Wohnungsbeständen und gegen die Einzelprivatisierung: in Gelsenkirchen, in Bochum, in Dortmund, in Essen existieren Mieterinitiativen in Arbeitersiedlungen, die ihre Wohnungseigentümer in die Pflicht nehmen wollen und sich auch mit dem Gedanken zur Gründung einer Genossenschaft tragen, sollte der Auskauf ihres Wohn- und Lebensraumes nicht zu vermeiden sein.

Hierzu bedarf es politscher, fachlicher und auch finanzieller Unterstützung auf kommunaler, regionaler und auf Landesebene.


Literatur:

  • Albertz, Peter; Müller, Sebastian; Karhoff, Brigitte; Wilke, Volker (Hrsg.) (1997): ... zum stand der dinge ... Strukturwandel im Ruhrgebiet. Dialoge zur regionalen Entwicklung, Dortmund/Essen

  • Finkemeier, Thomas (1995): Rotkäppchen und die grünen Zwerge: Das Märchen um die Ripse ist noch nicht zu Ende in: Neue Ruhr Zeitung Nr. 123 v. 27.5.1995

  • Grüneke, Detlef (1993): Erfahrungen mit Selbsthilfeprojekten in: Bauwelt; 84 Jhg. 28/29 v. 30 Juni

  • IBA - Internationle Bausstellung Emscher Park (1989): Memorandum zu Inhalt und Organisation, hrsg. vom Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes NRW, Düsseldorf

  • IBA - Internationale Bauausstellung Emscher Park (1999): Katalog der Projekte, o.O.

  • Initiativkreis Emscherregion (Hrsg.) 1994: IBA Inspektion von unten. Strukturwandel im Ruhrgebiet - IBA Emscher Park: eine Strategie? Kongreßdokumentation, Essen

  • Kirbach, Roland (1995): Bunte Gesellschaft in: DIE ZEIT Nr. 24 v. 9.Juni 1995

  • Köpke, Ralf (1995): "Ripse" in Gefahr: Kampf um Arbeitersiedlung in: Marabo Heft 7/95, Bochum

  • Meixner, Christiane (1995): Bedrohte Vielfalt in Oberhausen: Mega Mall "CentrO" contra Arbeitersiedlung in: Deutsche Bauzeitung 12/1995

  • o.V. (1996): 15 Jahre Hausbesetzung in Oberhausen, Oberhausen

  • Riwetho e.V. (o.J.): Was haben die Ripse und der Eifelturm gemeinsam? Faltblatt Riwetho e.V., Oberhausen

  • Riwetho e.G.i.G. (1998): Satzung, Oberhausen


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Letzte Aktualisierung: 17. März 2000

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